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Z650 Fahrbericht zur Testfahrt in Andalusien


ride on

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KAWASAKI Z650

aus der ERna wird eine "Z" oder

wie man bewährtes noch besser macht

 

 

 

Zwei Wochen vor Weihnachten, es ist kalt, trübe und schmuddelig.

Meine Z friert in der Garage und ich überlege, wie sich wohl am besten die langen Tage bis zum Frühjahr sinnvoll überbrücken lassen.

Da klingelt das Telefon, hast du Lust die Neue Z650 in Andalusien zu testen, was für eine Frage, yeeeesss, bitte, gerne.

Statt Weihnachtsshopping also auf nach Huelva ins sonnige Südspanien, zur Pressevorstellung der Neuen Kawasaki Z650.

 

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Z650, moment da war doch was, die älteren Zetter werden sich dunkel erinnern, Z650, war das nicht die kleine Schwester der Legendären Z1000 (Z1F)?

Genau, die KZ650 B1 erblickte zusammen mit der KZ1000 auf der IFMA 1976 erstmals das Licht der Welt.

Entwickelt von Gyoichi "Ben" Inamura, der schon der Z1 leben eingehaucht hatte und gestylt von Norimasa "Ken" Tada, aus dessen Feder auch die Z1 entsprang.

Damals hatte die KZ650 den Ruf, leichtfüßig wie einer 500er abzuwinkeln und 750er Leistungsmäßig regelrecht stehen zu lassen.

Was kein Wunder war, hatte die KZ650 doch 16 PS mehr Leistung und 15 Kilo weniger Gewicht als die KZ750 mit Paralleltwin.

 

 

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Z650, ein großer Name also, mit langer Tradition bei Kawasaki und den Fans der Grünen.

 

Nicht minder populär, um nicht zu sagen, der Kassenschlager schlechthin im Kawasaki Motorrad-Programm,

mit über 121 tausend verkauften Einheiten seit 2005 ist die ER-6n.

Ob Fahrschule, Einsteiger, Aufsteiger oder Umsteiger, an dem quierligen Paralleltwin führt so schnell kein Weg vorbei.

Doch seit 2012 ist nichts mehr passiert bei der Erna.

Zu hoch, zu dick, zu träge in der Mitte und dann noch die Konkurrenz, mit Yamahas MT-07 kam ein mächtiger kontrahent ins Spiel, es musste gehandelt werden.

 

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Eine einfache Modellpflege wäre wohl nicht Zielführend gewesen, also gleich ein neues Modell samt neuem, traditionsbehafteten Namen.

Die Er-6n war schon nicht schlecht, was die Verkaufszahlen bestätigen. Um das zu toppen wurde kein Stein auf dem anderen gelassen.

Gutes und vor allem bewährtes noch besser zu machen ist keine leichte Aufgabe, mit der Kenji Idaka und sein Team betraut wurde.

 

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Und, haben Sie es geschafft?, Wie fährt sich nun die um satte 19 Kg leichtere Z650 mit Ihrem schlanken Design im Sugomi-Stil der Z1000.

Great Job würde der Ami sagen, aber eins nach dem anderen.

Bevor wir uns dem "ride & feel" widmen, noch ein paar Worte zum Eindruck beim ersten aufsitzen, der Ergonomie.

 

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Die Sitzposition ist recht tief, insgesamt aufrecht, entspannt mit einem tick Sportlichkeit.

Der Lenker ist relativ weit zum Fahrer/in gestellt, wirkt schmal und stark gekröpft.
Da ich breite, flachere und weniger stark  gekröpfte Lenkstangen gewohnt bin, ein erster Aha-Effekt,
der sich auch gleich über den Tank bis zur Sitzbank hin fortsetzte.
Am Vorabend konnte ich nochmals die Er-6n parallel zur Z650 Probe sitzen.
Im direkten vergleich bemerkt man deutlich den schmäleren Tank und die um 1,5 cm geringere Sitzhöhe von nun 790mm.
Das sorgt für einen deutlich spürbaren engeren Schrittwinkel und damit für einen sicheren Stand, was vor allem kurzbeinigen Interessenten und rookies engegenkommen wird. Allerdings schrumpfte auch das Tankvolumen um einen, von 16 auf 15 Liter.

 

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Obwohl der Abstand vom Sitz zu den Fußrasten beibehalten wurde, letztere aber satte 6cm in Richtung Vorderrad gewandert sind, ergibt sich dadurch einen tick

mehr geöffneter Kniewinkel, der zu einer entspannteren Sitzposition bei längeren Touren beitragen dürfte.
Getreu dem Motto:
Des einen freud, des anderen leid, wird die Zielguppenspezifische Ergonomie-Anpassung, groß gewachsenen wohl keine grosse freude auf längeren Touren bereiten.
Aber auch für Lulatsche, die die Z650 ins Auge gefasst haben, hat Kawasaki eine Lösung.
Eine um 35mm höhere Sitzbank, die als Zubehör erhältlich sein wird, sollten für einen deutlich entspannteren Kniewinkel sorgen.

So steht auch langbeinern entspanntes Touren nichts im Weg.

Auch für die auf Touren notwendige Unterbringung des Gepäcks, der Aktentasche auf dem Weg ins Büro oder zur Uni, ist mit Softbags, Topcase und Tankrucksack gesorgt.

 

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Insgesamt, wo wir nun auch schon beim Ergonomie-Fazit angelangt sind, wird die Z650 denjenigen Einsteigern, Umsteigern und Aufsteigern den nötigen Komfort

und vor allen auch ein Plus an Sicherheit durch ihre schlankere Taille und niedrigere Sitzhöhe bieten, die diese auch benötigen.

 

Wer gut sitzt fährt gut!

Das ist mit der Z650 im wahrsten Sinne des Wortes Programm.

Wie schon bei der Sitzpostion war ich nach den ersten Metern und Kurven doch überrascht, locker flockig und spielerisch leicht trifft es wohl am besten.

Erst ein paar Kreisel dann langezogene Wechselkurven und zu guter Schluß eine Kurvenhatz erster Klasse.

So würde ich die erste Tour mit der Z650, mit etwas über 200 Gesamtkilometer an länge, bezeichnen.

Auf der Rückfahrt war sogar noch Zeit für einen Top-Speed Test, der mit 194 km/h lt. Tacho etwas über der Werksangabe lag.

 

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Auf den Dunlop Sportmax D214, vorne in 120/70 und hinten 160/60 funktionierte die Z650 bei morgentlich-schattigen 10° Außentemperatur unauffällig gut.

Mit zunehmender Temperatur, sowohl der Reifen als auch der Außentemperatur winkelte die Z ohne nachdruck beherzt ab, folgte der anvisierten Linie und zeigte auch beim Bremsen in der Kurve nur geringes Aufstellmoment.

 

Schon im 3. Kreisel hatte meine "Nr.16" etwas Material auf Andalusischem Boden gelassen.

Dies war aber auch meiner Gewichtsklasse geschuldet, wo wir nun beim Fahrwerk angelangt sind.

Das Neu positionierte und oberhalb der Schwinge umgelenkte, in der Federbasis 7-fach einstellbare Federbein hätte etwas mehr Vorspannung gebraucht. Leider sitzt der Einstellring so tief im Chassis, das dies ohne Federbeinausbau nicht ad hoc möglich ist.

 

Vorne verrichtet eine nicht einstellbare 41mm Telegabel ihren Dienst.

Für mich ist die Abstimmung etwas unterfedert und unterdämpft, beim harten anbremsen taucht mir die Front zu tief ein.

Bei kurz aufeinanderfolgenden Bodenwellen quer zur Fahrbahn, schauckelte sich die Z650 für meinen Geschmack etwas zu viel auf.

Für die angestrebte Zielgruppe kann ich hier aber Entwarnung geben, weder ein Fahranfänger noch ein fortgeschrittener treiber wird das Fahrwerk

schnell an seine Grenzen bringen.

Ein guter kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit mit genügend Schräglagenfreiheit ist gegeben und Klassenüblich.

Ich empfehle aber, wie bei jedem andern Mororrad auch, nach dem kauf eine Fahrwerkseinstellung auf das eigene Körpergewicht vorzunehmen.

Schwergewichte und "mit Soziusfahrer" sollten über eine härtere Federbein-Feder und angepasste Gabelfedern nachdenken bzw. mit einkalkulieren.

 

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Was so propper ums Eck geht will auch beherzt gestoppt werden.

Am Vorderrad erledigen das die beiden 300mm großen, halbschwimmend gelagerten Bremsscheiben im schicken Petal-Design,

die von zwei Nissin Doppelkolben-Schwimmsätteln sicher und zuverlässig verzögert werden.

Die Vorderradbremse lässt sich erstaunlich gut dosieren, selbst beim harten Ankern bis in den Regelbereich des ABS, das erst erfreulich spät in den Bremsvorgang eingreift, genau richtig für Spätbremser.

Positiv wurde ich auch von der Hinterradbremse überrascht, ganz "Z" unüblich funktionierte diese deutlich besser als von den bisherigen Zettis gewohnt.

 

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Vor dem Ankern kommt per se das Ziehen am Kabel, und das kann man bei der Z650 so wörtlich nehmen.

Trotz EUR 4 werkeln in der Z650 noch herkömmliche Gaszüge, bis zum Beschleunigungssensor, ab da übernimmt die ECU das Kommando, vergleicht die Gasgriffstellung

mit der Drosselklappenstellung und regelt bei bedarf nach.

Der Gasgriff lässt sich sanft dosieren ohne dabei zu sensibel zu reagieren, auch eine Verzögerung der Gasannahme ist nicht wahrnehmbar.

 

Die für A2ler notwendige Drosselung auf 35KW (48PS) findet nun mittels elektronischen Drosselkit statt.

Das Kit beinhaltet einen Freischaltcode für das Mapping das ausschließlich durch den Händler mittels einer speziellen elektronische Box aufgespielt werden kann

sowie ein neues Typenschild.

 

Wer die Z650 offen, also mit vollen 68 PS anstatt wie bisher 72 PS bei der Er-6n fahren darf, wird sich über eine Neu erstarke mitte freuen.

Die Drehmomentdelle zwischen 3 und 6.000U/min, an der noch die Er-6n litt, wurde sauber ausgebügelt.

Satter Durchzug, lineares Ansprechverhalten und wenig Lastwechselreaktion kann ich dem überarbeiteten 649ccm³ Parallel-Twin bescheinigen.

Selbst in hohen Gängen und unter 3000 touren zieht der Twin noch weitgehens ruckelfrei durch und beschleunigt über das gesamte Drezahlband eindrucksvoll.

 

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Apropos beschleunigen, sowohl  beim zügigen durchsteppen der Gänge als auch beim relaxten herunterschalten, fällt sofort die geringe Handkraft der Kupplung auf.

Das ist der Assist und Rutschkupplung geschuldet, smooth und butterweich kuppelt und schaltet sich die Z650.

Der Kupplungshebel ist nun auch in der Griffweite einstellbar, das wird vor allem zarte Frauenhände erfreuen.

Und falls Frau oder man(n) sich mal verschaltet verhindert die Rutschkupplung auch ein stempelndes oder rutschendes Hinterrad.

 

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Hola, und schon sind die beiden Testtage auch schon wieder vorbei.

Bevor es nun wieder zurück ins kalte Deutschland geht, ein ähnlich der Z650, schlankes Fazit:

 

Kenji Idaka und seinem Team ist es aus meiner Sicht bestens gelungen einen adäquaten Nachfolger der ER-6n zu schaffen.

Vom Design her fügt sich die Z650 fast nahtlos in die Z-Linie ein, der Gitterrohrrahmen und die neu gestaltete Schwinge tragen

erheblich zur schlanken Gesamterscheinung und somit zum wendigen Fahrverhalten bei.

Mit einer Gewichtsreduktion auf nun 187 Kg und der Anpassung des Motors auf eine starke Mitte hat die Z650 einen

wichtigen Schritt nach vorne gemacht.

Auch der Preis von 6.695€ zzgl. Überführung liegt im grünen Bereich.

Ob das reicht um sich gegen die starke Konkurrenz zu behaupten wird sich zeigen.

Ich würde ihr es gönnen.

 

 

 

Frohe Weihnachten !

Bearbeitet von ride on
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Super Bericht! Scheint ein gelungens Einsteigermotorrad zu sein.

Mich verwundert, dass Kawa so intensiv den Bezug zur alten Z650 sucht. Die war zu ihrer Zeit im oberen Leistungssegment angesiedelt.

Beerbt wurde die eigentlich schon von den diversen Z750.

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Toller Bericht ride on :thumbs_up:

 

Ich bin ca. 1.5 Jahre eine ER6n aus 2012 gefahren und fand die damals richtig stark. Vieles von dem was du schreibst kommt mir sehr bekannt vor. Hört sich an als hätte Kawasaki etwas Gutes noch verbessert. Das freut mich zu lesen. Weiter so ... :respekt:

Bearbeitet von z1ktom
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Klasse Bericht ! Wie kommt man zu der Ehre auf sowas eingeladen zu werden ?

 

pures Glück  :pfeif:

 

 

Bin grad dabei das Fahrvideo zusammen zu basteln.

Den Part mit der Drosselung beim Vorstellungsvideo musste ich raus schneiden, da das sonst zu lang wurde.

Da mach ich bei Gelegenheit ein extra Thema/filmchen drüber.

 

Hab heut auch den Testbericht von Sven in der Motorrad gelesen (die ich mir dazu extra gekauft habe :pfeif: )

Wundert mich, das er so positiv über die Sitzhaltung schreibt, die er noch beim Meeting mit den Konstrukteuren,

als zu engen Kniewinkel bemängelte. was auch keiner Wunder ist , der ist knapp 2 meter hoch :shock:

Das die Fußrasten 15mm tiefer sind, stimmt meines wissens nicht, der Abstand zum Sitz wurde nicht verändert,

die Rasten nur um 60mm nach vorne gelegt :verwirrt:

 

Ansonsten ist er ziemlich konform mit meinem Eindruck.

Bearbeitet von ride on
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  • 3 Wochen später...

Mittlerweile sind auch die Fahrberichte der PS und vom Motorradfahrer draußen.

Das deckt sich in großen Teilen mit deinem Fahrbericht ride on.

Hast auf jeden Fall ein gutes Poppometer und was noch wichtiger ist, Du kannst es auch entsprechend in Worten rüberbringen.

Dein Bericht steht dem der Berufs-Motorradjournalisten jedenfalls nicht nach.

 

Die einzigen Kritikpunkte der PS sind die zu weiche Gabel, die nicht im Einklang mit einem zu unkomfortablen Federbein steht.

Im Motorradfahrer wird dagegen der Sitzkomfort bemängelt. Eine zu harte und kleine Sitzfläche und auch die Sitzgeometrie ist nix für ganz lange Kerls.

 

Ansonsten wird vor allem der Motor und das Handling sehr gelobt.

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Danke Ride On

Super Testbericht, hat Spaß gemacht den zu lesen.

Da ich selbst in den 80 ern eine Z 650 hatte freud es mich besonders das Kawasaki diesen Klasiker wieder Leben einhaucht.

Bearbeitet von mad doc
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  • 4 Wochen später...

Dein Bericht ist auch schön nachzulesen in unserer fränkischen ZWEIRAD! Gibt am Ende auch einen Verweis auf's Forum! Super gemacht!

 

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Geht natürlich klar. Ich sicher ein paar Hefte. Schließlich zierst Du bei uns die Titelseite sogar formatfüllend. :)

 

 

 

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  • 2 Jahre später...

Da ich bereits mehrmals angefragt wurde wegen der fehlenden Bilder im Fahrbericht,

diesen kann ich leider nicht mehr bearbeiten.

Glücklicher weise gibt es diesen auch an anderen Stellen mit Bildern und weiteren Erklärungen nachzulesen,

z.b. hier im Kradblatt:

https://kradblatt.de/kawasaki-z650-modell-2017/

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